Die Begriffe Maschinelles Lernen(ML) und Deep Learning (DL) werden oft synonym verwendet, obwohl sie unterschiedliche Ansätze der künstlichen Intelligenz (KI) beschreiben. Beide Technologien revolutionieren zahlreiche Branchen, aber sie unterscheiden sich in Komplexität, Anwendungsfeldern und Funktionsweise. Dieser Artikel beleuchtet die wichtigsten Unterschiede zwischen ML und DL, um ein besseres Verständnis für die jeweiligen Einsatzmöglichkeiten zu schaffen.
1. Grundlagen und Definitionen
Maschinelles Lernen ist ein Teilbereich der künstlichen Intelligenz, der sich darauf konzentriert, Computern die Fähigkeit zu verleihen, aus Daten zu lernen, ohne explizit programmiert zu werden. ML-Modelle erstellen Vorhersagen oder Klassifizierungen auf Basis von Mustern in den Daten. Die Algorithmen werden mit historischen Daten trainiert, um in der Zukunft eigenständig Entscheidungen zu treffen. Klassische Algorithmen des maschinellen Lernens sind beispielsweise Entscheidungsbäume, Random Forests, Support Vector Machines (SVM) und k-Nearest Neighbors (k-NN).
Deep Learning ist eine spezialisierte Unterkategorie des maschinellen Lernens, die künstliche neuronale Netze (KNN) verwendet. Diese Netze sind inspiriert von der Funktionsweise des menschlichen Gehirns und bestehen aus mehreren Schichten (auch „Deep“ genannt), um komplexe Muster in großen Datenmengen zu erkennen. DL erfordert eine immense Rechenleistung und große Datenmengen, um präzise Vorhersagen zu treffen. Zu den bekanntesten Anwendungen gehören die Bilderkennung, Spracherkennung und das autonome Fahren.
2. Unterschiede im Ansatz und in der Komplexität
- ML-Modelle: Beim maschinellen Lernen sind die Algorithmen in der Regel einfach und nutzen flache Strukturen. Sie bestehen aus wenigen Schritten, um Muster in den Daten zu erkennen. Beispiele sind lineare Regressionsmodelle oder Entscheidungsbäume. Diese Modelle funktionieren oft gut mit strukturierten Daten (z. B. tabellarischen Daten).
- DL-Modelle: Deep Learning verwendet tiefe neuronale Netze mit vielen Schichten, die hierarchisch angeordnet sind. Jede Schicht extrahiert zunehmend abstrakte Merkmale der Daten. Diese Schichten führen zu einer höheren Komplexität, die es ermöglicht, sehr komplexe Zusammenhänge, wie z. B. in Bildern oder natürlichen Sprachen, zu erkennen.
Datenanforderungen
- ML-Modelle: Maschinelles Lernen kann auch mit kleineren Datensätzen funktionieren, da die Komplexität der Modelle begrenzt ist. Oft genügt es, die Daten vorab zu bereinigen und manuelle Feature-Engineering-Methoden anzuwenden, um gute Ergebnisse zu erzielen.
- DL-Modelle: Deep Learning benötigt in der Regel große Mengen an Daten, da neuronale Netze viele Parameter enthalten, die optimiert werden müssen. Ohne große Datensätze sind die Modelle anfällig für Überanpassung (Overfitting), was die Genauigkeit der Vorhersagen negativ beeinflussen kann.
Feature Engineering
- ML-Modelle: Beim maschinellen Lernen ist das manuelle Feature Engineering eine zentrale Aufgabe. Experten wählen die Merkmale (Features) der Daten aus, die als relevant für das Modell gelten. Dies erfordert oft tiefes Wissen über den Anwendungsbereich und die Daten selbst.
- DL-Modelle: Deep Learning-Modelle sind in der Lage, Features automatisch aus den Rohdaten zu extrahieren. Durch ihre tiefe Struktur können sie komplexe Muster erkennen, ohne dass vorheriges Feature Engineering erforderlich ist. Dies ist besonders nützlich in Bereichen wie Bild- und Spracherkennung, wo es schwierig ist, manuell relevante Merkmale auszuwählen.
3. Rechenleistung und Ressourcen
ML-Modelle: Maschinelles Lernen kann auf Standard-Hardware ausgeführt werden und ist oft weniger rechenintensiv. Viele Algorithmen können auf normalen Computern oder Servern betrieben werden. Für einfache ML-Aufgaben ist keine spezialisierte Hardware erforderlich.
DL-Modelle: Deep Learning erfordert deutlich mehr Rechenleistung. Da neuronale Netze viele Rechenschritte in jeder Schicht durchführen müssen, werden meist GPUs (Graphics Processing Units) oder TPUs (Tensor Processing Units) verwendet, um die Rechenzeit zu verkürzen. Dies erhöht den Ressourcenbedarf, sowohl was Hardware als auch Energie betrifft.
4. Anwendungsbereiche
Maschinelles Lernen:
- Finanzbetrugserkennung
- Empfehlungsalgorithmen (z. B. in E-Commerce)
- Vorhersage von Kundenabwanderung
- Diagnoseunterstützung in der Medizin (mit strukturierten Daten)
Deep Learning:
- Autonomes Fahren
- Sprach- und Bilderkennung (z. B. Siri oder Google Assistant)
- Gesichtserkennung
- Generative Modelle (z. B. zur Erzeugung von Kunst oder Texten)
5. Trainingsdauer
ML-Modelle: Modelle des maschinellen Lernens sind oft schneller zu trainieren, da die Struktur der Algorithmen einfacher ist. Auch wenn das Training mit großen Datenmengen immer noch zeitaufwendig sein kann, ist es im Vergleich zu DL meist effizienter.
DL-Modelle: Sie erfordern deutlich längere Trainingszeiten, da die Berechnung in den neuronalen Netzen sehr aufwendig ist. Abhängig von der Größe der Daten und der Tiefe des Netzwerks kann das Training von DL-Modellen Stunden, Tage oder sogar Wochen dauern.
6. Interpretierbarkeit
ML-Modelle: Maschinelles Lernen bietet oft interpretierbare Modelle. Beispielsweise kann man bei Entscheidungsbäumen oder Regressionsmodellen nachvollziehen, wie und warum bestimmte Vorhersagen getroffen wurden. Dies ist wichtig in regulierten Branchen wie der Medizin oder dem Finanzwesen, wo erklärbare Entscheidungen erforderlich sind.
DL-Modelle: Sie sind oft als „Black Boxes“ bekannt, da es schwierig ist, genau zu verstehen, wie das Netzwerk zu einer bestimmten Entscheidung kommt. Dies kann problematisch sein, wenn Erklärbarkeit und Transparenz gefordert sind.
Fazit:
Während sowohl maschinelles Lernen als auch Deep Learning leistungsstarke Werkzeuge der künstlichen Intelligenz sind, haben sie unterschiedliche Stärken und Schwächen. Maschinelles Lernen eignet sich für kleinere Datensätze und Anwendungen, bei denen Interpretierbarkeit wichtig ist. Deep Learning hingegen entfaltet sein Potenzial bei sehr großen Datenmengen und komplexen Aufgaben, wie der Verarbeitung von Bild- und Sprachdaten.
Für Unternehmen oder Entwickler, die sich entscheiden, welche Methode sie verwenden sollten, hängt die Wahl stark von den vorhandenen Daten, der Rechenleistung und den spezifischen Anforderungen der Aufgabe ab.